Prof. Dr. Windisch: „Nutztierhaltung sichert Ernährung der Menschheit“
Pressemitteilung der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GfE)
(GfE). Auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie widmete sich Prof. Dr. Wilhelm Windisch (Lehrstuhl für Tierernährung, TUM School of Life Sciences) aktuellen Forschungsergebnissen und den Zusammenhängen zur „Nutztierbasierten Bioökonomie und den Perspektiven und Zielkonflikten in der Rolle der Nutztiere bei der agrarischen Erzeugung von Lebensmitteln tierischer Herkunft“.
In der aktuellen gesellschaftlichen Diskussion über Nutztierhaltung werden viele fundamentale Aspekte ausgeblendet, beispielsweise wie wichtig Nutztiere für die Ernährungssicherung der Menschen und die Aufrechterhaltung des Nährstoffkreislaufs unserer Nutzpflanzen sind.
Nutztiere können Biomasse verwerten, die nicht vom Menschen direkt essbar ist. Damit bedeutet ein alternativloser Verzicht auf Nutztiere nicht nur, dass Lebensmittel für die menschliche Ernährung verloren gehen, sondern auf sie zu verzichten, verringert auch die Produktivität des Pflanzenbaus.
Nachhaltigere Erzeugung von Lebensmitteln
Alle Nutzpflanzen enthalten neben dem eigentlichen „Lebensmittel“ (z.B. Früchte) auch immer erhebliche Mengen für den Menschen nicht essbarer Biomasse (z.B. Blattmasse oder Stengel). Diese kann vom Nutztier genutzt und zu Pflanzennährstoffen abgebaut und wieder auf die landwirtschaftliche Nutzfläche zurückgeführt werden. Nutztiere tragen somit wesentlich zur Aufrechterhaltung des agrarischen Nährstoffkreislaufs bei, weil mit organischem Dünger der Einsatz von fossil erzeugtem Mineraldünger verringert werden kann.
80% der landwirtschaftlichen Biomasse ist vom Menschen nicht direkt essbar, daher liegt hierin das große Potential und das Alleinstellungsmerkmal der Nutztiere, aus nicht essbarer Biomasse über die Verdauung und den Stoffwechsel der Tiere für den Menschen essbare Biomasse, also hochwertige tierische Lebensmittel, zu erzeugen. Unsere Nutztiere vollziehen diese Aufgabe in einer seit Jahrtausenden etablierten Form. Die vollständige bioökonomische Betrachtung der landwirtschaftlichen Erzeugung von Biomasse muss daher stets auch Nutztiere einbeziehen. Insbesondere die Verwertung von Grasland- und Weideflächen über die Rinderhaltung für die menschliche Ernährung trägt dazu einen relevanten Anteil bei.
Zur Versachlichung der Diskussion um die Nahrungskonkurrenz zwischen Mensch und Tier sollte nach Prof. Windisch dabei der vom Menschen essbare Anteil (human edible fraction; hef) der verschiedenen Futtermittel dargestellt werden.
Transformation von Biomasse in essbares Protein
Die Nutztierhaltung kann für Menschen nicht verwertbare Produkte zu Lebensmitteln transformieren:
- Koppelprodukte des Anbaus (essbarer) Kulturpflanzen,
- nicht essbare Biomasse aus Zwischenkulturen im Rahmen der Fruchtfolge,
- (Dauer)-Grünland,
- Nebenprodukte der Lebensmittelherstellung und der Bioenergieproduktion,
- Lebensmittelreste.
Die Nahrungsproduktion sollte im Gesamtsystem betrachtet werden, nicht nur einzelne Kulturen innerhalb der Fruchtfolge. Da auch die Emissionen auf das Gesamtsystem zu beziehen sind, ist die Tierhaltung letztlich fachlich verantwortlich, den Umfang und die Intensität an die jeweilige regionale Situation anzupassen.
Der Originalbeitrag wurde als Buchkapitel “Tierbasierte Bioökonomie” in “Das System Bioökonomie” (Thrän, Moesenfechtel (Hrsg.) (2020): Das System Bioökonomie. Springer-Verlag, ISBN 978-3-662-60729-9, https://doi.org/10.1007/978-3-662-60730-5) veröffentlicht, die englische Übersetzung wurde jüngst in den Proceedings zur 75. Jahrestagung der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (16. bis 18. März 2021) abgedruckt (ISBN 978-3-7690-4114-9).